Bad Mergentheim. Als "Leuchtturmprojekt" lässt sich das neue Gebäude des Caritasverbandes im Tauberkreis e.V. im Gewerbegebiet "Ried" in Bad Mergentheim zu Recht und gleich in mehrfacher Hinsicht einreihen.
Kernstück des Neubaus ist eine Werkstätte für Menschen mit Teilhabebeeinträchtigung. Nach offiziellem Start der Baumaßnahme mit einem symbolischen Spatenstich Anfang Oktober 2018 und feierlichem Richtfest Ende Juni 2019 konnte der Betrieb in den Räumlichkeiten des Caritas-Werkstätten-Neubaus nach insgesamt knapp über zweijähriger Bauzeit pünktlich am 1. Dezember aufgenommen werden.
"Ursprünglich hatten wir die Idee, die bisherige Werkstatt in Gerlachsheim zu sanieren. Allerdings stellte sich heraus, dass der Aufwand dafür zu hoch und damit unrentabel gewesen wäre", blickt Michael Müller, Vorstandsmitglied des Caritasverbands im Tauberkreis, zurück. Zudem seien derartig große Werkstatt-Komplexe nicht mehr zeitgemäß und erwünscht. Deshalb habe sich der Caritasverband mit Zustimmung des Main-Tauber-Kreises und des Landes Baden-Württemberg entschlossen, differenziert in Bad Mergentheim und Lauda jeweils ein neues möglichst wohnortnahes und sozialraumorientiertes Beschäftigungsangebot für Menschen mit Teilhabebeeinträchtigung zu schaffen. Dies sei außerdem das erste Angebot dieser Art speziell in Bad Mergentheim.
Zu den in der neuen Betriebsstätte etwa 90 Beschäftigten zählen neben einem Großteil, der bisher in der Alois-Eckert-Werkstätte in Gerlachsheim seinen Platz hatte, über 35 Personen aus der bisherigen Caritas-Werkstatt in Grünsfeld, die in diesem Zusammenhang Ende November geschlossen wurde. Inklusive einer großen Werkstatthalle umfasst der Bad Mergentheimer Neubaukomplex einen Mensabereich mit Essensausgabe, einen Verwaltungsbereich mit Sozial-, Umkleide- und Aufenthaltsräumen, einen offen gestalteten Empfang im Eingangsbereich sowie eine separate große Lagerhalle. Außerdem bietet ein weiterer Raum die Möglichkeit für arbeitsbegleitende Angebote wie zum Beispiel Englischkurse, politische Bildung oder Umgang mit PC, Smartphone und sozialen Medien.
"Wir sind in enger Verknüpfung sozusagen die verlängerte Werkbank von rund 70 bis 75 Unternehmen aus der Region und darüber hinaus, die bei uns verschiedene Vorarbeiten für ihre Produkte durchführen lassen - unter anderem in den Schwerpunkten Metall-, Elektro-, Montagearbeiten und Verpackung ", berichtet Bereichs- und Werkstattleiterin Jutta Steinmetz-Thees. Regionale Kunden sind zum Beispiel die in Bad Mergentheim benachbarte Roto Frank DST Vertriebs-GmbH, die Michael Weinig AG und die VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken GmbH & Co. KG in Tauberbischofsheim sowie die MHZ Hachtel GmbH & Co. KG in Niederstetten.
Wegen der ineinander verzahnten Betriebsabläufe zwischen den Auftraggebern sowie der Caritas-Werkstätte als Auftragnehmer und -ausführender sei eine zeitlich genaue "Punktlandung" einer Fertigstellung und Inbetriebnahme der neuen Räumlichkeiten unabdingbar gewesen, bekräftigen Jutta Steinmetz-Thees und Michael Müller. Bedingt durch die aktuellen Erfordernisse mussten und müssen noch dazu Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen wie etwa der Einbau von extra Plexiglasscheiben sowie das Einhalten von Abstandsregelungen, Händedesinfektionen, täglich frischen Mund-Nasen-Masken und morgendliche Fiebermessungen berücksichtigt werden.
Ebenfalls aufgrund der engen Verknüpfung mit den Kundenunternehmen sei es unterdessen eine logistische Herausforderung und Meisterleistung gewesen, in engstem Zeitfenster einen exakt fließenden Übergang und Umzug von den beiden bisherigen Werkstatt-Standorten Gerlachheim und Grünsfeld nach Bad Mergentheim hinzubekommen "Es hat nur durch das Zutun sowie die Freude und Motivation aller Beteiligten geklappt", heben die Bereichs- und Werkstattleiterin sowie der Caritas-Vorstand insbesondere mit Dank an die beteiligten Beschäftigten und Mitarbeiter hervor.
Eine weitere Besonderheit in dem Neubaukomplex und generelle Neuigkeit ist die überkonfessionelle Kooperation mit der Johannes-Diakonie Mosbach, die als Mieterin in dem Caritasneubau einen Förder- und Betreuungsbereich mit 18 Plätzen für mehrfach körperlich und geistig teilhabebeeinträchtigte Menschen bietet. Diesen soll damit unter der Woche tagsüber ein anderes Lebens- und Sozialumfeld als beispielsweise im Bad Mergentheimer Johannes-Diakonie-Wohnheim
ermöglicht werden. Einhergehend werden zwischen beiden Kooperationspartnern Synergieeffekte generiert wie etwa die gemeinsame Nutzung der Mensaessensausgabe, der Mitarbeiterräume, des Erste-Hilfe-Raums und der Fahrdienste.
Eine Neuorientierung hat sich gleichfalls zum 1. Dezember bei den Fahrdiensten ergeben: Diese werden seither überwiegend von der in Messelhausen ansässigen Malteser Hilfsdienst gGmbH abgewickelt.
Auch architektonisch und gestalterisch ist der Neubau ein "Leuchtturmprojekt". Dazu gehören unter anderem helle und lichte Räumlichkeiten, Transparenz sowohl von Innen nach Außen als auch umgekehrt, ein freundlicher Innenhof und Außenbereich, sowie eine warm wirkende Holzverkleidung der Werkstatthallendecke. "Wir wollten keinen ‚klassischen‘ Industriebau, sondern eine angenehme Aufenthaltsqualität und Raumatmosphäre, die sich begünstigend auf die Psyche und Motivation der Beschäftigten und Mitarbeiter auswirkt", betonen zugleich mit expliziter Anerkennung an die Architektenbürogemeinschaft App und Lurz in Lauda-Königshofen. "Wir wollen die teilhabebeeinträchtigten Menschen in die Mitte der Gesellschaft bringen" unterstreichen Steinmetz-Thees und Müller.
Bedauerlich sei bei aller Freude und Motivation über die neue Betriebsstätte in Bad Mergentheim, dass aufgrund der Coronakrise und der wieder enorm verstärkten Einschränkungen keine Einweihungsfeier und offizielle Inbetriebnahme stattfinden habe können. "Sobald es die Situation und eine Entschärfung der Coronapandemie zulässt, wollen wir das mit den Beschäftigten, Mitarbeitern und geladenen Gästen unbedingt noch nachholen", versichern die beiden Caritas-Verantwortlichen ausdrücklich.
Zahlen und Fakten zur neuen Werkstätte in Bad Mergentheim
- Die Caritas-Werkstätten "Alois Eckert" mit ihren bisherigen oder neuen Niederlassungen in Gerlachsheim, Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim bieten insgesamt mehr als 300 teilhabebeeinträchtigten Menschen einen Zugang zum Arbeitsleben und ermöglichen somit sowohl berufliche als auch soziale Integration.
- Der neu erbaute Werkstätten-Komplex des Caritasverbandes im Tauberkreis e.V. im Gewerbegebiet "Ried" in Bad Mergentheim umfasst eine Grundfläche von über 2.500 Quadratmeter.
- Das Investitionsvolumen betrug rund neun Millionen Euro.
- Gefördert wurde das Projekt vom Land Baden-Württemberg sowie von der Wohlfahrts- und Sozialinitiative "Aktion Mensch".
- Eine benachbart separate Lagerhalle wurde vom Caritasverband im Tauberkreis e.V. ausschließlich durch Eigenmittel in Höhe von 0,5 Millionen Euro finanziert.
- Die Werkstätte bietet Arbeitsplätze für 90 Beschäftigte mit Teilhabebeeinträchtigung.
- Zudem unterhält die Johannes-Diakonie Mosbach in einem Trakt des Gebäudes einen Förder- und Betreuungsbereich mit 18 Plätzen für mehrfach körperlich und geistig teilhabebeeinträchtigte Menschen.
Quelle: Peter D. Wagner